Hier ein kleines Interview mit dem „Meister der deutschen Disney-Filme“  -  Frank Lenart

 

 

 


Frage: Wie sind Sie in die Synchron-Branche gekommen?

 

Ich habe mit 10 Jahren zum ersten Mal synchronisiert, und zwar in einem kleinen Studio am Bismarckplatz in Berlin – im alten Telegraf-Haus.  Das war 1966. Da war ein Paternoster und ich bin damit immer rauf und runter und durch den Keller und wieder nach oben und wieder oben rüber gefahren.  UND ich durfte auch gleichzeitig ein bißchen arbeiten und Geld kassieren.  Aber ich habe Englisch synchronisiert, denn als ich mit 9 Jahren nach Berlin kam, konnte ich noch kein Deutsch.  Meine Familie war 1965 aus Hollywood zurückemigriert (mein Vater war in Berlin Schauspieler vor dem Krieg) und hatte einen Neuanfang zu bewältigen.  Ich habe aber sofort die Synchron-Arbeit verstanden und sie hat mir riesigen Spaß gemacht, da sie mir einfach fiel.  Diese Arbeiten (meistens vermittelt von Mel Quinones in Berlin, (alte Hasen werden ihn noch kennen)) habe ich dann über die Jahre immer wieder gemacht.

1973 zogen wir nach München. Ich war 17.   Ich habe Donald Arthur angerufen (eine gemeinsame Bekannte gab mir seinen Namen), und wir telefonierten prompt 2 Stunden miteinander. Donald hatte damals mit Osman Ragheb eine Firma in München namens Sound Film, und sie synchronisierten viele deutsche Produktionen (und auch andere) ins Englische.  Es entwickelte sich eine langjährige und tiefe Freundschaft.  Ich bin stolz darauf zu sagen, daß Donald und Osman meine wichtigsten Mentoren in diesem Geschäft sind, und daß ich ohne ihrer Weisheit, Hilfe, Strenge, und ihr Verständnis, ich mich nie in diesem Geschäft hätte behaupten können.  Sie brachten mir das Synchron-Geschäft bei und ich habe bei ihnen Aufnahmeleitung und Dialogbücher-Schreiben gelernt, und Filme-Eintaken, und und und – alles außer Schneiden!

 


Frage: Können Sie sich noch an Ihre erste Synchronrolle erinnern? Wenn ja, wo war das?

 

Irgendein Kind in einem Film beim Synchron 1966 in Berlin.

Dann etliche Rollen in Englisch bei Donald Arthur in München.

1978 schleppte mich der wundervolle Herbert Weicker (Sprecher von Sidney Poitier und Mr. Spock - wir drehten damals zusammen einen Fernsehspiel „Der Fall Walrawe“)  zu der Beta-Film Aufnahmeleitung und stellte mich vor – und sagte mir, daß ein Schauspieler damit sein Extrageld verdienen muß.  Also sprach ich die 2. Maus oder den 3. Krokodil bei Eberhard Storek (Regie) in „Muppet-Show“, oder ich durfte auch die 4. Ameise bei „Biene Maja“ sprechen.  Das waren meine ersten Erfahrungen mit deutschem Synchron.  Es dauerte lang, bis ich mich irgendwie etablierte.

1982 bekam ich meine erste Chance, eine Hauptrolle in Deutsch zu sprechen, und zwar einen Film namens „Schatten der Vergangenheit“ aus Frankreich mit Francois Perrier.  Ich glaube der war aus dem Jahre 1949 oder so was.  Das war bei Dr. Rabanus von Lingua Film in München. 

Es folgten bei Lingua schöne Rollen – wie z.B. die RTL Serie DU SCHON WIEDER, in der Eric Schumann, Gudrun Vaupel und ich (als Matt) die Hauptrollen sprachen.

Und VIEL Erfahrung sammelte ich bei Cinema Factory als Rocco im Soap „Reich und Schön“, bis er sich Anfang der 90er von der Serie verabschiedete.

 


Frage: Waren Sie schon mal als Schauspieler tätig (im TV)

 

1974 stand ich zum ersten Mal vor der Kamera.  Das war mit Elke Aberle in der WDR Serie „Ein Haus für uns“.

Ab 1976 spielte ich in verschiedenen Fernsehfilmen und Kinofilmen mit.  Die erste Hauptrolle war 1977 als James in „Meine Dicke Freundin“ beim Südwestfunk in Baden-Baden.  Gig Malzacher (Vater von Axel) führte Regie und meine hochkarätigen Kollegen waren Wolfgang Kieling, Johanna Liebeneiner und Harald Dietl.  Manchmal erwischt man es in den dritten Programmen – als „klassische Fernsehspiel-Komödie von damals“.  Eine fantastische Erfahrung.

Ich drehte bis Anfang der 90er an die fünfzig Filme – ob sie für’s TV oder Kino oder auch für Werbung und Industrie waren.  „Die Unendliche Geschichte Teil II“ war eine nette Sache – da war ich Bastians Schwimm-Trainer.  Klein aber fein.

 


Frage: Macht Ihnen die Synchronarbeit nach so vielen Jahren immer noch Spass oder gibt es auch Rollen, die Sie nicht, oder besonders gern sprechen würden?

 

Die Synchronarbeit macht mir immer Spaß.  Natürlich kann es stressig werden, aber das tut jede Arbeit.  Ob mir eine Rolle gefällt oder nicht ist immer schwer zu sagen.  Natürlich würde es mir nicht gefallen, ein kleines Kind sprechen zu müssen.  Also total gegen den Strich ist immer ein bißchen schwer.  Aber wenn’s von mir verlangt wird, dann werde ich immer mein Bestes tun.

 


Frage: Haben Sie selbst einen Lieblingsfilm, -synchronschauspieler oder -rolle?

 

Ich habe viel zu viele Lieblingsfilme, das würde Stunden dauern, die zu diskutieren.  Aber ganz oben auf meiner Liste sind Filme wie VERTIGO, VOM WINDE VERWEHT, JACKIE BROWN, SUNSET BLVD, ALLES ÜBER EVA.  Im Moment bin ich auch von KILL BILL begeistert.  Ich mag Tarantino.  Er hat den Mut, etwas anders zu machen, auch wenn’s „schockiert“.

Mein Lieblingssynchronsprecher??  Wenn ich als Regisseur mit ihnen arbeite, liebe ich sie alle.  (hii-hii)

Ich komm aber nicht über den Tod von G.G.Hoffmann hinweg.  Ich vermisse ihn wirklich sehr.  Er war der KÖNIG!  Und eine Seele von einem Menschen.  Und ein so lieeeber Regisseur. Ein Hoch auf G.G.!!

Und es gibt noch einen:  Der sitzt ganz weit oben auf dem Synchron-Olymp:  Arne.  Der ist echt cool.  Wir Sterbliche dürfen ihm höchstens zuwinken.  Er hat mir bei „Dschungelbuch 2“ wieder gezeigt, daß es immer noch einen klassischen Sound in unserem Geschäft gibt.

 


Frage: Gab es eine Rolle, die Ihnen am meisten Spaß gemacht hat? ...Welche?

 

Alle machen Spaß.  „Wildkatz“ in „Käpt’n Balu“ liebe ich.  „Banzai“ in „König der Löwen“ liebe ich noch mehr.  „Tutter“ im „Bär im großen blauen Haus“ ist eine Wucht.  Und „Paddington Bär“ ist für mich eine der nettesten Erfahrungen überhaupt.  Wie man sieht, mache ich viele Kindersendungen.

Tim Roth in „Four Rooms“ war auch eine große Herausforderung, obwohl ich im Nachhinein selbst von der Besetzung meiner Wenigkeit nicht so überzeugt war – da hätte mir persönlich eins der Berliner Sprecher besser gefallen.

Michael J. Fox hat mir echt Spaß gemacht, ein schöne Erfahrung.  Aber wieder: für Fox gibt es für mich keinen besseren als Sven J. Hasper.  Da seht ihr wieder was in unserem Geschäft gemacht wird, wenn sie Geld sparen wollen, oder wenn die Zeitumstände es nicht erlauben (Sprecher ist in Urlaub, nicht da, etc.)  Ich glaube, in diesem Fall war es Geld, da die Rolle nicht so groß war und der Film („Blue in the Face“) in München gemacht wurde.

 


Frage: Steht vielleicht in nächster Zeit ein weiteres Projekt mit Ihnen an, z.B. ein neuer Film oder eine neue Serie?

 

Als Sprecher nicht so viel.  Sollten die Serien weitergehen, wie „Bär im blauen Haus“ oder „Paddington“, dann steht sicher Arbeit an.  Aber da ich jetzt fest bei Disney als Creative Director in der Synchronabteilung arbeite, bleibt mir wenig Zeit, viel als Sprecher zu arbeiten.   Ich spreche oft in Filmen mit, wo ich Dialogregie führe (auch jetzt in „Findet Nemo“ ein paar kleine Rollen), und habe letzte Woche in „König der Löwen 3 – Hakuna Matata“ wieder den Hyänen Banzai gesprochen.

 


Frage: Sind Sie mit anderen Synchronsprechern aus München befreundet, z.B. Kai Taschner, Jan Odle, Thomas Rau?

 

Sie sind alle liebe Kollegen und ich kenne sie seit vielen Jahren.  Kai schätze ich seit Anfang der Menschheit.  Wir haben zusammen die SAT 1 Synchro von „Monty Python’s Flying Circus“ gemacht, und das war eine wirklich wunderbare Arbeit.  Jan Odle kenne ich auch seit vielen Jahren, da uns viele Freunde verbinden. 

Komisch, ich traf Thomas Rau gerade vor ein paar Tagen im Studio – hatte ihn seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen.  Er sieht gut aus!!

 


Frage: Seit wann führen Sie Dialogregie und seit wann schreiben Sie Dialogbücher?

Meine ersten Erfahrungen als Dialogregisseur sammelte ich Anfang der 80er als Freiberufler.  Ich etablierte mich auch bei Kinofilmen als „Dialogue Coach“.  Diese ganze Arbeit war immer in Englisch.  Ich schrieb die Synchronbücher für die englischen Fassungen der deutschen Spielfilme „Fire and Ice“ von Willi Bogner, „Abwärts“ und andere Filme.

Ende der 80er machte ich meine erste deutsche Synchronregie bei Synchron 80 in München.  1990 ging ich nach Berlin zu Eiler Synchron und machte dort die Disney Serie „Käpt’n Balu und seine tollkühne Crew“.  1993 folgte „Aladdin“ bei Berliner Synchron (Buch, Liedertexte, Regie) und dann 1994 „König der Löwen“.  Seitdem:  viele bunte Disneyfilme.  Aber auch andere:  Auch „Bound“ von den Wachowski Brothers (nur Dialogregie) und „Titan AE“ und „Die Schwanenprinzessin“ ... oder auch die englische Fassung von „Anatomie“.

Seit ich fest bei Disney bin, konzentriere ich mich hauptsächlich auf Dialogregie und Produktionsüberwachung.  Dann nehme ich mir Autoren wie Kai Taschner, der mir für Filme wie „101 Dalmatiner 2“ oder „Dschungelbuch 2“ fantastische Bücher lieferte.  Und ich habe auch die Möglichkeit mit anderen Autoren/Regisseuren zu arbeiten, wenn ich bei Synchronisationen als „Supervisor“ tätig bin – wie jetzt neulich bei „Kill Bill“, als ich mit Andreas Pollack arbeiten dürfte, der bis jetzt alle Tarantino Filme synchronisiert hat.  Ein Heidenspaß!  Und noch besser:  „Kill Bill 2“ kommt bald!

 

 

Frage: Spielen Sie auch Theater?

Ewig nicht mehr.  Es ist meine erste Liebe.  Mein erster Auftritt war mit sechs oder sieben Jahren in der Gardiner Street Elementary School in Hollywood.  Da sang ich in der Aula vor allen Eltern ein Comedy-Hit namens „Hello Mother, Hello Father, here I am at Camp Granada ...“, die Geschichte eines leidenden Kindes, das ins „Summer Camp“ gesteckt wurde.  Ich spielte „Scrooge“ mit 14 Jahren.  Mit 17 spielte ich einen Rocker in Hochhuths „Hebamme“ am Staatstheater Saarbrücken.  Und mit 18 Grumio in Shakespeare’s „Widerspenstigen Zähmung“ und Jesus in „Godspell“ und 1976 „Frühlings Erwachen“ an den Münchener Kammerspielen und dann 1977 das Musical „Mayflower“ im Theater an der Wien und später 1979 in Los Angeles mehr Shakespeare.  Anfang der 80er machte ich verschiede Tourneen in Deutschland, dann ...

Berufsmässig tendierte ich immer mehr Richtung Film, TV und Synchron ...  Theater muß jetzt wieder ein Weilchen auf mich warten.  Aber irgendwann, vielleicht ...

 

 

 

 

 

Vielen Dank an Frank Lenart, dass er sich die Zeit nahm, mir die Fragen zu beantworten ...

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