S T U N D E N U L L
Kai Taschner in der Rolle des Joschi
BRD 1977
R: Edgar Reitz; A: Peter Steinbach, Edgar Reitz
K: Gernot Roll; D: Kai Taschner, Anette Jünger,
Herbert Weissbach
Ein kleiner Ort bei Leipzig im Juli 1945. Die Amerikaner befinden sich auf dem Rückzug aus dem von ihnen besetzten Gebiet. Die wenigen nicht geflüchteten Einwohner warten voll Sorge auf die Ankunft der Russen. Ein Ex-Nazi engagiert sich für ein >>Antifa-Komitee<<; eine Frau sucht nach Wegen, ihre Nichte vor Vergewaltigungen zu schützen; ein Karusselbesitzer hofft, dass die Menschen sich nun wieder amüsieren wollen. Für eine Wurst und eine Schachtel Zigaretten lässt der Bahnwärter, Sozialkämpfer Mattiske (H.W.) den kaum der Pubertät entwachsenen Joschi (K.T.) bei sich übernachten. Sprache und Gedanken weisen Joschi als Produkt der NS-Ideologie aus; anderenseits demonstriert er seine Begeisterung für den >American way of life< durch tragen der US-Bomberjacke. Er ist in den Ort gekommen, um nach einer vergrabenen Wertkassette zu suchen, mit deren Inhalt er sich zu den Amerikanern absetzen will. Jugendlich-naiv will er dem Mädchen Isa (A.J.) imponieren und bringt alle Einwohner in Gefahr. Unbemerkt können Joschi und Isa mit der Kassette das Dorf verlassen, als es von sowjetischen Soldaten besetzt wird. Doch dann begegnen sie einer US-Streife; die Amerikaner beschlagnahmen die Kassette und nehmen Isa mit sich. Joschi bleibt, seiner Illusionen beraubt, allein zurück.
Der gelungene Versuch, einen einschneidenden Augenblick deutscher Geschichte wertfrei aus der Perspektive gewöhnlicher Menschen zu rekonstruieren, war seinerzeit nicht unumstritten. Wie richtig der Absatz war, bewies später der Erfolg von Reitz´ Heimat (1984) hc
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